
Mit dem Buch „Gekaufte Journalisten“ steht Udo Ulfkotte seit Wochen in den Bestsellerlisten. Im „Spiegel“ Nr. 11 versucht sich Jan Fleischhauer der Person Ulfkotte zu nähern. Lesenswert! Ich kam aus dem Schmunzeln nicht mehr raus.
2007 hatte ich die Gelegenheit, Ulfkotte kennenzulernen. Er war damals ganz auf dem Anti-Islam-Trip und hatte mit seinem Verein die Zelte in Wetzlar aufgeschlagen. Nach einigen Versuchen der Kontaktaufnahme (Ulfkotte steht nicht im Telefonbuch und hält seine Adressen geheim) und etwas Hin und Her stimmte er einem Treffen mit Interview zu. Das fand bei mir zuhause am Küchentisch statt, da er sich gerade von Islamisten verfolgt fühlte (Ulfkotte erwähnte gerne, dass er unter Polizeischutz steht oder stand). Termine, die man nicht vergisst…
Während sich Ulfkotte in seinem aktuellen Buch mit Journalisten und Medien beschäftigt, war damals der Untergang des Abendlandes sein großes Thema. Titel wie „Der Krieg in unseren Städten“, „Heiliger Krieg in Europa“ oder „Propheten des Terrors“ pflasterten seinen publizistischen Weg. Mit seinem Islam-kritsichen Verein „Pax-Europa“ war er quasi der frühe Vorläufer der heutigen Pegida-Bewegung (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes).
Zu dieser Zeit hielten ihm Rechtskonservative der CDU noch die Treue. CSU-Urgestein Günther Beckstein sprach 2003 die Laudatio auf Ulfkotte zu einer Auszeichnung der Annette-Barthelt-Stiftung, und der Wetzlarer CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer war Mitglied in Ulfkottes Verein „Pax Europa“.
Ulfkotte war gern gesehener Gast bei CDU-Veranstaltung und referierte im mittelhessischen Wetzlar u. a. auf Einladung der Initiative „Pro Polizei“ (Vorsitzender: Hans-Jürgen Irmer) als „Islamkundiger“. Dabei drehte Ulfkotte gerne das ganz große Rad. Bürgerkrieg in Europa war das mindeste dessen, was er als Szenarien für die Zukunft an die Wand malte.
Später distanzierte sich Irmer von Ulfkotte – zumindest was die Mitgliedschaft in „Pax Europa“ betraf, denn Ulfkotte plante eine eigene Partei zu gründen. Das wollte und konnte der Parteisoldat Irmer nicht mittragen. Inhaltlich dürften sie auf einer Wellenlänge geblieben sein.

Irmer hat diese Konsequenz erst kürzlich seinen Posten als bildungspolitischer Sprecher und Vize der CDU-Landtagsfraktion Hessen gekostet. Ulfkotte hat sein Weg schließlich in Richtung Pegida geführt. Im Dezember 2014 trat er als „Redner auf der von PRO NRW gesteuerten Bogida-Demonstration“ (Zitat: Wikipedia) auf. Ebenfalls als Redner nahm er am 5. Januar 2015 an einer Pegida-Veranstaltung in Dresden teil. Ein Video gibt’s hier.
Bei mir zuhause am Küchentisch war Ulfkotte umgänglich und ein eloquenter Gesprächspartner. Jan Fleischhauer beschreibt ihn im Spiegel so: „…er sieht erstaunlich jungenhaft aus. Sein Faible für den britischen Look unterstützt den Eindruck eines in die Jahre gekommenen Verbindungsstudenten.“
Allerdings wird bei ihm schnell eine gewisse Besessenheit deutlich, mit der er seine Themen vertritt. „Ulfkotte verfügt über die beeindruckende Fähigkeit, die abenteuerlichten Dinge im Ton des Alltäglichen vorzutragen“, stellt Fleischhauer dazu treffend fest.
Der Nebel der Verschwörung wabert durch den Raum, schwer nachprüfbare Geheimdienst-Informationen stützen seine Thesen und die allgegenwärtige Furch vor seinen Verfolgern liegt über allem.
Kritiker werfen ihm vor, islamophobe Verschwörungstheorien zu verbreiten. Ulfkotte beschwöre eine „muslimische Weltrevolution“ und einen „geheimen Plan zur Unterwanderung nichtmuslimischer Staaten“, was rein seiner Fantasie entspringe, schreibt der Berliner Antisemitismusforscher Professor Wolfgang Benz in einem Dossier für die Bundeszentrale für politische Bildung. Als Autor sei Ulfkotte „gewiss nicht allzu ernst zu nehmen“, denn er sei ein „Populist“, der seine Bücher mit „Panikmache“ verkaufe, so Benz 2014.
Auch ja, und die angeschlagene Gesundheit. Da war dieser Giftgasangriff, der seine Lunge verätzte, als er noch für die FAZ in den Krisenregionen der Welt unterwegs war. Festes Element eines jeden Gesprächs mit Ulfkotte. Wie Fleischhauer schreibt, sind in der Zwischenzeit noch mehrere Herzinfarkte, die Folgen eines Skiunfalls und eines Treppensturzes sowie eine schlecht ausgeheilte Malaria hinzugekommen.
Sein aktuelles Buch „Gekaufte Journalisten“ habe ich mir übrigens „geschenkt“. Aus drei Gründen:
- weil ich eine kritische Distanz zu Werken aus dem Kopp-Verlag pflege
- weil ich Ulfkotte und Kopp nicht finanziell unterstützen möchte
- weil mich die Rezension von Medienjournalist Stefan Niggemeier auf Krautreporter so köstlich Unterhalten hat, dass Ulfkottes Werk das kaum noch übertreffen könnte.
Niggemeiers und Fleischhauers Zusammenfassung des mehr als 120.000 Mal gedruckten Buchs könnte übrigens so lauten: Die großen Medien belügen die Öffentlichkeit nach Strich und Faden und werden in Wahrheit von der CIA gesteuert. Ulfkotte schämt sich, Teil des Systems gewesen zu sein.
Teil des Systems, das heute als „Lügenpresse“ beschimpft wird, wurde ich spätestens 2007 mit der Veröffentlichung des Interviews. Ulfkotte hatte auf eine angebotene Autorisierung verzichtet, war aber mit dem Ergebnis nicht mehr einverstanden.

„Sie haben alles verdreht“, war eine der noch eher freundlichen Formulierungen. Auf eine Klärung mit Hilfe des im Einvernehmen gemachten Tonmitschnitts legte er keinen Wert. Er zog sich lieber auf den Planeten der Verfolgten und Unverstandenen zurück. Die Audio-Datei schlummert seitdem in den Tiefen des Rechners. Das am 2. Dezember 2007 in der Wetzlarer Neuen veröffentlichte Interview habe ich zum Nachlesen hier hochgeladen.
Kurz darauf sorgte er wieder für Schlagzeilen, als Islamisten in fernen Ländern angeblich zur Ermordung Ulfkottes und seiner Frau aufgerufen haben sollten. Flucht, Polizeischutz, untertauchen. Wieder das volle Programm.
Wie im Spiegel zu lesen, lebt er heute an einem geheimen Ort im Wald auf einem autarken Gelände mit eigener Strom- und Wasserversorgung in einem hoch gesicherten Haus. Gänse sind seine Alarmanlage. Ulfkotte dürfte der auf den Untergang des Abendlandes am besten vorbereitete Europäer sein.
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